Gertrud Leutenegger, geboren am 7. 12. 1948 in Schwyz, dort aufgewachsen. Lebte mehrere Jahre in der französischen, dann in der italienischen Schweiz. Verschiedenste Tätigkeiten und Reisen. 1976–1979 Studium der Regie an der Zürcher Schauspielakademie. 1978 Regieassistentin von Jürgen Flimm am Hamburger Schauspielhaus. Längere Aufenthalte in Italien, England und 1987 in Japan. Mit ihrem Roman „Panischer Frühling“ war sie 2014 auf den Shortlists sowohl des Deutschen als auch des Schweizer Buchpreises. Gertrud Leutenegger lebt in Zürich.
* 7. Dezember 1948
von Riki Winter, Martin Zingg und Esther Köhring
Essay
„Ich habe nie an das Fabulieren einer kontinuierlichen Entwicklung geglaubt“, bekundet Gertrud Leutenegger in ihrem Roman „Ninive“ und setzt damit die Reflexion über die eigene poetische Theorie, die sie in ihrem zuerst veröffentlichten Roman „Vorabend“ anstellt, fort. „Mein Thema ist“, heißt es dort, „daß ich keines habe (…). Um jeden fixen Gedanken gerinnt die Welt. Ich hab Angst vor den geronnenen, erstarrten Dingen.“ Also schreibt sie keine „pfeilgenau umschlossenen, schlagenden Geschichten“. Leuteneggers Prosa gleicht eher einer an einem feinen Faden gesponnenen Sammlung von Eindrücken, Erinnerungen, Nachdenklichkeiten und Traumsequenzen, die sich zerstäuben, fortsetzen und ineinander greifen. Dass sich daraus auch eine Geschichte ergibt, nämlich die Geschichte eines sensiblen und wachen Bewusstseins, das sich seiner ...